A. Bihrer: Der Konstanzer Bischofshof im 14. Jahrhundert

Cover
Titel
Der Konstanzer Bischofshof im 14. Jahrhundert. Herrschaftliche, soziale und kommunikative Aspekte


Autor(en)
Bihrer, Andreas
Herausgeber
Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
Reihe
Residenzenforschung 18
Erschienen
Ostfildern 2005: Jan Thorbecke Verlag
Anzahl Seiten
679 S.
Preis
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Georg Modestin, Bern

Dem hier trotz ungebührlicher Verspätung anzuzeigenden Band liegt die an der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg eingereichte Dissertation des Verfassers zugrunde. Es handelt sich um ein Werk, an dem – soviel sei von allem Anfang an vorweggenommen – niemand vorbeikommt, der sich in Zukunft mit der Geschichte der Konstanzer Bischöfe, ihres Bistums oder des Hochstifts im 14. Jahrhundert befassen will. Ein Blick auf das Inhaltsverzeichnis vermittelt einen raschen Eindruck von der Breite des Untersuchungsgegenstandes: Politische Aspekte werden ebenso beleuchtet wie herrschafts-, sozial- und im weitesten Sinn kommunikationsgeschichtliche Fragestellungen. Die blosse Aufzählung der einzelnen Themenblöcke verschleiert indes die enzyklopädische Fülle des Behandelten – eine Fülle, die nur durch die äusserst disziplinierte Herangehensweise des Autors bewältigt werden konnte, der seinen Themenkomplex methodisch, Punkt für Punkt «abgearbeitet» hat. So wird die politische Geschichte der Konstanzer Bischöfe von Gerhard von Bevar (ab 1307) bis Johann Windlock († 1356) – unter punktueller Berücksichtigung ihrer unmittelbaren Vor- bzw. Nachfolger – hinsichtlich der Handlungsspielräume betrachtet, die sich den Konstanzer Ordinarien aus dem Verhältnis zu den umgebenden «Mächten» eröffneten, seien dies – in der Analyse sauber getrennt – die Päpste, die Mainzer Erzbischöfe, die Könige, die Habsburger oder die Stadt Konstanz (zu diesem Zeitpunkt sind die Eidgenossen noch nicht auf dem politischen Spielbrett erschienen).

Ebenso systematisch wird der Bischofshof unter die Lupe genommen, genauer: die Bischöfe, das Domkapitel und die bischöfliche Verwaltung, wobei Letztere zu einer eigentlichen Verwaltungsgeschichte Anlass gibt. In dieser «Studie innerhalb der Studie» werden sämtliche Funktionsträger, von den Weihbischöfen über die Generalvikare, Offiziale, Insiegler, Advokaten, Pronotare, Notare etc. bis zu den lokalen Amtsträgern in Hochstift und Diözese, vorgestellt. Damit sind aber erst die Protagonisten auf den verschiedenen Hierarchiestufen angesprochen worden; die Herrschaftspraxis wird in einem weiteren Teil eigens diskutiert.

Geradezu detektivischen Spürsinn entwickelt der Verfasser in Bezug auf die Verwandtschaftsgruppen und Patronagesysteme im und um den bischöflichen Hof, die er im sozialgeschichtlichen Block seiner Arbeit nachzeichnet. Dabei gelingt ihm die Unterscheidung zweier Hofparteien, dich sich in personeller und sozialer Hinsicht (nieder- bzw. hochadelige Abkunft) unterschieden. Mittels dieses Instrumentariums werden die jeweiligen Kräfteverhältnisse innerhalb des Domkapitels, der Konstanzer Nebenstifte, weiterer Chorherrenstifte und der bischöflichen Verwaltung untersucht, wobei sich beim Lesen die Frage aufdrängt, ob die angesprochene Parteiung tatsächlich so weit gereicht hat, wie vom Verfasser angenommen.

Unter dem Schlagwort «kommunikative Aspekte» werden schliesslich allerhand symbolische und kulturelle Themenkreise angegangen. Dies geschieht unter dem Gesichtspunkt der bischöflichen bzw. höfischen Repräsentation: Bauwerke, Kunstgegenstände, literarische Werke, aber auch Feste und Rituale werden in ihrem Bezug zum Bischof und zum Hof vorgestellt. Dieser breit angelegte Teil unterstreicht den Charakter des ganzen Buches als eine «histoire totale», zu der Andreas Bihrer eine beeindruckende Masse an gedruckten und ungedruckten Quellen verarbeitet hat. Die bisweilen etwas «buchhalterisch» anmutende Systematik ist einerseits eine Stärkte der Studie, führt andererseits aber auch dazu, dass der Band eher als Nachschlagewerk denn als Lesebuch wahrgenommen wird. Zum Kompendium eignet er sich aber vorzüglich – nicht zuletzt dank seines sorgfältig ausgearbeiteten Registers, mit dessen Hilfe sich die ungezählten Personen lokalisieren lassen, die im Werk Erwähnung gefunden haben.

Zitierweise:
Georg Modestin: Rezension zu: Andreas Bihrer: Der Konstanzer Bischofshof im 14. Jahrhundert. Herrschaftliche, soziale und kommunikative Aspekte. Ostfildern, Thorbecke, 2005. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 61 Nr. 4, 2011, S. 503-504

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Zuerst veröffentlicht in

Schweizerische Zeitschrift für Geschichte, Vol. 61 Nr. 4, 2011, S. 503-504

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